Verwertungsfristen-Hilfe

Hier geht es um Themen, die das Verwaltungsrecht mit dem Fahrerlaubnisrecht kombinieren
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Bobby
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Verwertungsfristen-Hilfe

Beitrag von Bobby » Fr 30. Dez 2005, 12:56

Hallo zusammen,

wie Ihr Euch schon denken könnt geht es in meinem Fall um eben die Verwertbarkeit bei Wiedererteilung des Führerscheins. Vielleicht kann mir jemand helfen.
Folgender Sachverhalt:

Am 17.01.1990 begangene Straftat (fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs infolge Trunkenheit in Tateinheit mit fahrlässiger Köperverletzung sowie unerlaubtes Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit Trunkenheit im Verkehr), Erstverurteilung 13.11.1990, Entzug der Fahrerlaubnis daraus bis 13.11.1992 und eine Haftstrafe.Gegen dieses Urteil habe ich Berufung eingelegt allerdings nur bezogen auf die Höhe der Strafe. Durch das Urteil des Landgerichtes vom 27.08.1991 (Rechtskräftig 04.09.1991) wurde eine Sperrfrist für die Wiedererteilung festgelegt bis 26.12.1992.
Die Fahrerlaubnis wurde am 25.01.1990 vorläufig entzogen und am 15.02.1990 sichergestellt.
Durch meine Berufung wurde das Urteil des Amtsgerichtes vom 13.11.1990 ebenfalls erst am 04.09.1991 rechtskräftig.
Die Krux besteht jetzt darin, das die FeB diese Straftat als verwertbar ansieht obwohl die Tat ansich länger als 15 Jahre zurückliegt und auch die Erstverurteilung. Und hier auch auf die besondere schwere der Tat verweist und Neuerteilungsverfahrens eine medizinisch-psychologische Begutachtung auf Grundlage von § 11 Abs. 3 Nr. 5 Buchst. b FeV anzuordnen. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf Bouska/Laeverenz, Fahrerlaubnisrecht, § 29 StVG, Erl. 17. Bisher habe ich diesen Text im Web noch nicht gefunden.
Folgende Fragen habe ich:
1. Ist es Eurer Auffassung nach Rechtens dieses Eintragung noch zu verwerten? Wenn ja, warum und Wenn nein, Warum nicht?
2. Wenn ich die MPU verweigere, kann dies mir negativ beim nächsten Antrag ausgelegt werden?
3. Ich überlege nun den Antrag zurückzuziehen und erneut im September zu stellen. Ist dies sinnvoller als eventuell gegen einen rechtsmittelfähigen Versagungsbescheid zu klagen? Vor allem spielt hierbei wohl die zeitliche Frage eine Rolle und natürlich auch ein finanzielles Risiko.
Die Behörde bietet mir eben diesen rechtsmittelfähigen Versagungsbescheid an, verweist aber darauf, dass, sollte ich diesen wollen auch die entsprechenden Kosten zu tragen habe und dazu zuvor noch eine Gutachtensanforderung erfolgen muss. Das heisst ich soll die Kosten der Behörde übernehmen, damit diese eine weitere Rechtssicherheit hat. Dies kann ich auch nicht so recht nachvollziehen. Und wie lange dauert die Einholung eines solchen Gutachtens und was kostet es?
So eine Menge Fragen zu einem für mich sehr komplexen Thema. Anmerken möchte ich noch, das der Sachbearbeiter sehr freundlich aber auch selbst hinsichtlich dieser Entscheidung nicht sicher ist. Er selbst hat angedeutet, dass es verschiedene Auslegungsmöglichkeiten hierzu gibt.
Wer kann mir hierzu helfen? Vielen Dank schonmal im voraus

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MorkvomOrk
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Re: Verwertungsfristen-Hilfe

Beitrag von MorkvomOrk » Sa 31. Dez 2005, 04:42

Bobby hat geschrieben:
Folgende Fragen habe ich:
1. Ist es Eurer Auffassung nach Rechtens dieses Eintragung noch zu verwerten? Wenn ja, warum und Wenn nein, Warum nicht?
2. Wenn ich die MPU verweigere, kann dies mir negativ beim nächsten Antrag ausgelegt werden?
3. Ich überlege nun den Antrag zurückzuziehen und erneut im September zu stellen. Ist dies sinnvoller als eventuell gegen einen rechtsmittelfähigen Versagungsbescheid zu klagen? Vor allem spielt hierbei wohl die zeitliche Frage eine Rolle und natürlich auch ein finanzielles Risiko.
Zu 1:
M. E. ist die Verurteilung von 1990 nicht mehr verwertbar.
Nach § 65 Abs. 9 StVG dürfen Entscheidungen, die vor dem 01.01.99 im VZR eingetragen waren, höchstens solange verwertet werden, daß es einer zehnjährigen Tilgungsfrist entspricht.
Gem. § 29 Abs. 4 Ziffer 1 StVG beginnt die Tilgungsfrist bei strafgerichtlichen Verurteilungen mit dem Tag des ersten Urteils. Dies wäre in deinem Fall der 13.11.1990. Da aber eine Sperrfrist festgesetzt wurde und danach keine Neuerteilung der Fahrerlaubnis erfolgt ist, beginnt die Tilgungsfrist erst 5 Jahre später, also am 13.11.1995.
Nach Ablauf der zehnjährigen Tilgungsfrist (13.11.2005) darf die Verurteilung nicht mehr verwertet werden!

zu 2:
Wenn die Führerscheinstelle eine MPU anordnet, muß sie dir eine entsprechende schriftliche Anordnung zustellen. Hierin muß angegeben werden
a) die Rechtsgrundlage, auf die sie die Forderung stützt
b) die Frage(n), welche an den Gutachter gestellt werden
c) der Hinweis, daß die Behörde von deiner Nichteignung ausgehen kann, wenn du das Gutachten verweigerst.
Verweigerst du das Gutachten, wird die Führerscheinstelle einen Versagungsbescheid machen. Sobald dieser rechtskräftig ist, wird die Versagung im Verkehrszentralregister eingetragen!!

zu 3:
Ist m. E. gegenüber 2.) die bessere Lösung der beiden Alternativen, da keine Eintragung im VZR erfolgt.


Du schreibst, daß sich nach deinem Eindruck der Sachbearbeiter nicht ganz sicher war, ob die Straftat von 1990 noch verwertet werden darf.
Ich würde dir vorschlagen, der Führerscheinstelle zunächst die oben unter 1.) aufgeführte Argumentation vorzutragen. Bitte darum, daß er die Rechtslage mit seinem Vorgesetzten oder der vorgesetzten Behörde klärt.

Ich denke zwar, daß du bei einer Klage gegen einen evtl. Versagungsbescheid gute Chancen hättest, allerdings vergeht natürlich einige Zeit, bis du eine rechtskräftige Entscheidung vorliegen hättest.

PS:
Mache deine Führerscheinstelle auch auf die Entscheidung des OVG Saarland vom 24.05.2004, Az 1 R 25/03 aufmerksam.
Nachlesen kannst du diese auf der homepage von http://www.fahrerlaubnisrecht.de wenn du "Urteile" anklickst und dort unter 2004 suchst.

Schließlich findest du zu diesem Thema auch eine interessante Ausarbeitung, an welcher unser webmaster mitgewirkt hat, ebenfalls auf http://www.fahrerlaubnisrecht.de. (vgl. "Aufsätze" / "Ausarbeitungen des webmasters"/"Ausarbeitung Nr.1").
Hierauf könntest du deine Führerscheinstelle ebenfalls aufmerksam machen.

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Bobby
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Beitrag von Bobby » Mo 9. Jan 2006, 13:51

Vielen Dank zunächst für die Antwort und Deine Tips.
Diese habe ich entsprechend beherzigt und auch die Infos an die entsprechende Stelle weitergeleitet.
Kannst Du mir eventuell hinsichtlich der Fristen bis zu einer endgültigen Entscheidung noch ein Info geben? Ich möchte und ich kann aus finanziellen Gründen ein Verwaltungsverfahren nicht durchfechten, obwohl ich es bei einem negativen Bescheid gern möchte, um damit vielleicht auch Anderen zu helfen.
Ich habe die Infos heute weitergeleitet. Sollte es zu einem negativen Bescheid kommen informiere ich Dich und brauche eventuell Deine Hilfe nochmal. Zunächst
Bis Dann
Helmut

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Bobby
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Beitrag von Bobby » Mo 6. Feb 2006, 20:00

Hallo MorkvomOrk,

vielen, vielen Dank für Deine Hilfe. Aufgrund Deiner Informationen und eigener Recherchen ist es mir tatsächlich gelungen, dass mein Landratsamt die Entscheidung noch einmal überdacht und entsprechend die nicht Verwertbarkeit der Entscheidung aus 1990 akzeptiert hat. Ohne Deine Hilfe, wäre dies wohl nicht so gegangen. In diesem Zusammenhang möchte hier aber auch ausdrücklich erwähnen, wie fair sich die Behörde verhalten hat. Dies vielleicht auch aufgrund meines "degressiven" Verhaltens. Diese Menschen machen auch nur Ihren "Job" und haben eine verantwortungsvolle Aufgabe. Deshalb nochmals "Herzlichen Dank". Jetzt brauche ich nur noch die praktische Prüfung (Theorie letzte Woche bestanden) und dann möchte ich mit dieser Stelle einer Behörde nichts mehr zu tun haben.
Also bis dann
Helmut

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