Entzug der Fahrerlaubnis wg. Betrugsfällen in der Fahrschule

Hier geht es um Themen, die das Verwaltungsrecht mit dem Fahrerlaubnisrecht kombinieren
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Raaven
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Entzug der Fahrerlaubnis wg. Betrugsfällen in der Fahrschule

Beitrag von Raaven » Do 8. Nov 2007, 18:03

Mahlzeit,

folgende Fallgestaltung von der gerade mein Pizzalieferant existentiell bedroht ist:

Er hat im Frühjahr 2006 an einer Berliner Fahrschule den Führerschein gemacht und ist bislang punktefrei durch den Straßenverkehr gekommen.

Im Sommer erhlielt er die Aufforderung zur Begutachtung durch einen anerkannten Sachverständigen oder Prüfer gemäß § 2 Abs 2 StVG iVm § 46 Abs 4 FeV.
Begündung: In der Fahrschule die er besucht hat, sei es zu massiven Manipulationen bei den Prüfungen gekommen.
Es liegen oder lagen jedoch keine Beweise vor, dass er selbst ebenfalls durch Manipilationen an seine Fahrerlaubnis gelangt sei.

Dieser Aufforderung ist er natürlich gefolgt und mit Pauken und Trompeten durch die Wiederholung der theoretischen Prüfung durchgefallen.
Entsprechend wurde er jetzt angehört da die Entziehung der Fahrerlaubnis geplant ist.

Die Frage die sich aufdrängt ist, ob aufgrund eines Generalverdachts gegen alle Fahrschüler einer Fahrschule die Eignung in Frage gestellt werden kann und zweitens inwieweit gegen das entsprechende Gutachten vorgegangen werden kann, dass nuneinmal im Raume steht....

Ich aus meiner Sicht finde dieses Vorgehen zumindest fragwürdig...

Bin aber über aufklärende Hinweise und Hilfe und ggf. Hinweise auf entsprechende Literatur oder RSpr. dankbar!

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125Chaos
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Beitrag von 125Chaos » Do 8. Nov 2007, 20:43

Hier ein Beschluss, wie die Rechtsprechung in Bayern das sieht:

http://www.landesanwaltschaft.bayern.de ... 44_000.pdf (VGH München Beschluss vom 11.06.2007 11 Cs 06.2244)

Das Problem ist aber vorliegend, dass er sich der Prüfung unterzogen hat und dabei anscheinend Wissensdefizite aufgetreten sind.

Dieses Durchfallen durch die Prüfung kann jetzt eine gewisse Eigendynamik entwickeln.

Man sollte aber bedenken, dass man als Führerscheinbewerber eine Theorieprüfung nach 2 Wochen wiederholen darf.
Es spricht meines Erachtens nichts dafür, dass man Führerscheininhaber schlechter behandeln sollte.

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corneliusrufus
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Beitrag von corneliusrufus » Do 8. Nov 2007, 23:35

Ganz praktisch: Bei einer Fahrschule oder im Buchhandel ein aktuelles Lehrbuch kaufen plus die Fragebögen samt Lösungen. bzw. die Fragebögen auf CD. Und dann lernen, lernen, lernen.

Zugleich um Wiederholung der Prüfung - ohne Angabe von Gründen - bitten, Vorschlag wegen beruflicher Koordinatonsschwierigkeiten in vier Wochen.

Liebe Greet-Ings, Cornelius

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Raaven
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Beitrag von Raaven » Fr 9. Nov 2007, 00:42

Schonmal danke für die hinweise.

Meine Zweifel richten sich jedoch mehr auf die unzulässigkeit der Gutachteneinholung. Im bayrischen verfahren gab es zumindest Hinweise und Indizien für unregelmäßigkeiten, was bei meinem Pizzabäcker nicht der Fall ist.

Kernfrage wäre also:
Darf aufgrund eines solchen Generalverdachts (der im Widerspruch zum strafrechtlichen Grundsatz von "pro dubio usw." steht) eine solche Maßnahme überhaupt angeordnet werden???

Alternativszenario:
Bei einer Schwerpunktkontrole vor einer Diskothek werden viele Fahrer alkohlisiert aus dem Verkehr gezogen. Dürfte dann auch gegen alle anderen Diskobesucher eine Überprüfung durchgeführt werden?

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Enno
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Beitrag von Enno » Fr 9. Nov 2007, 09:27

Raaven hat geschrieben:Schonmal danke für die hinweise.

Meine Zweifel richten sich jedoch mehr auf die unzulässigkeit der Gutachteneinholung. Im bayrischen verfahren gab es zumindest Hinweise und Indizien für unregelmäßigkeiten, was bei meinem Pizzabäcker nicht der Fall ist.

Kernfrage wäre also:
Darf aufgrund eines solchen Generalverdachts (der im Widerspruch zum strafrechtlichen Grundsatz von "pro dubio usw." steht) eine solche Maßnahme überhaupt angeordnet werden???

Die Begutachtungsanordnung dürfte zwar nicht rechtmäßig gewesen sein, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass es speziell bei deinem Pizzabäcker zu Manipulationen bei der Fahrerlaubnisprüfung gekommen ist. Darauf kommt es indes nach der Rechtsprechung des BVerwG überhaupt nicht an. Hat sich ein Kraftfahrer der angeordneten Prüfung gestellt, so hat sich dadurch die Begutachtungsanordnung in einer Weise erledigt, dass von einer seitens der Behörde rechtswidrig erlangten Prüfungsleistung nicht mehr gesprochen werden kann. Zudem schafft das Ergebnis der durchgeführten Prüfung eine neue Tatsache, die selbständige Bedeutung hat. Ein Verbot, diese Tatsache - vor allem wenn sie ein eindeutig negatives Prüfungsergebnis ausweist - für die Entscheidung über die Fahrerlaubnisentziehung zu verwerten, läßt sich weder aus § 46 FeV noch aus dem sonstigen Recht ableiten; ihm steht auch das Interesse der Allgemeinheit entgegen, vor Kraftfahrern geschützt zu werden, die sich aufgrund festgestellter Tatsachen als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen haben.

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Beitrag von 125Chaos » Fr 9. Nov 2007, 14:18

Ich sehe das so ähnlich wie @enno.

Allerdings kann im vorliegenden Fall wohl nur die misslungene Theorieprüfung gegen den Kandidaten verwendet werden.
Wenn er sich weigert, auch noch die Praxisprüfung zu wiederholen, dann kann man ihm nicht unterstellen, dass er die Praxis nicht beherrscht.
Auch kann man dann für eine Neuerteilung meines Erachtens nicht verlangen, dass die Praxisprüfung wiederholt wird.

Ich bin wie schon geschrieben der Meinung, dass ein Fahrerlaubnisentzug in einem Widerspruchsverfahren zurückgenommen werden müsste, wenn er während des Widerspruchsverfahrens eine Theorieprüfung bestehen sollte. Auch müsste ihm auf Antrag hin Gelegenheit gegeben werden, die Theorieprüfung erneut abzulegen.

Da die Theorieprüfung nur gut 10€ an TÜV-Gebühren kostet, sollte sich das ganze meiner Meinung nach noch relativ günstig erledigen lassen, wenn er jetzt anfängt Theorie zu lernen und dann bald eine Theorieprüfung besteht.

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Jess
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Beitrag von Jess » Di 13. Nov 2007, 01:04

Hallo Raaven,
mir wurde heute im Forum von verkehrsportal.de Dein Beitrag hier genannt. Mir geht es genauso. Ich habe ebenfalls bei besagter Fahrschule den Führschein gemacht. Um jetzt nicht alles doppelt zu schreiben: Lies doch bitte dort meinen Threat und die Antworten.


http://www.verkehrsportal.de/board/inde ... opic=60558

Auch an alle anderen Mitleser. Ich bin dankbar für jeden Hinweis.

Viele Grüße Jess

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Beitrag von Jess » Di 13. Nov 2007, 01:13

125Chaos hat geschrieben:Ich sehe das so ähnlich wie @enno.

Allerdings kann im vorliegenden Fall wohl nur die misslungene Theorieprüfung gegen den Kandidaten verwendet werden.
Wenn er sich weigert, auch noch die Praxisprüfung zu wiederholen, dann kann man ihm nicht unterstellen, dass er die Praxis nicht beherrscht.
Auch kann man dann für eine Neuerteilung meines Erachtens nicht verlangen, dass die Praxisprüfung wiederholt wird.

Ich bin wie schon geschrieben der Meinung, dass ein Fahrerlaubnisentzug in einem Widerspruchsverfahren zurückgenommen werden müsste, wenn er während des Widerspruchsverfahrens eine Theorieprüfung bestehen sollte. Auch müsste ihm auf Antrag hin Gelegenheit gegeben werden, die Theorieprüfung erneut abzulegen.

Da die Theorieprüfung nur gut 10€ an TÜV-Gebühren kostet, sollte sich das ganze meiner Meinung nach noch relativ günstig erledigen lassen, wenn er jetzt anfängt Theorie zu lernen und dann bald eine Theorieprüfung besteht.
Hallo 125 chaos,
die Fahrerlaubnisbehörde schließt in seiner Aufforderung zum Gutachten die Wiederholung der nichtbestandenen Prüfung aus. In dem Fall wird der Führerschein entzogen. Wie das Prozedere dann weiter geht, habe ich noch nicht erfragt, da ich mein Erst-Telefonat vor lauter Schock erstmal beendet habe, nachdem der Sachbearbeiter mir meine Rechtlosigkeit vor Augen geführt hat. Und vorab kann man sich nicht wehren, wegen des nicht zugestandenen Rechtsbehelf. Lässt man sich auf die Prüfung ein und besteht nicht, wird das als Bestätigung des Verdachts gewertet und man kann wohl froh sein, dass nicht noch eine strafrechtliche Ermittlung folgt... zumindest lässt der Inhalt der behördlichen Aufforderung und des Gesprächs den Rückschluss zu. Grundsätzlich hat der Fahrschüler keine Möglichkeit anders den ehrlichen Erwerb seines Führerscheins zu beweisen, da die Fahrschule massig Papiere "entsorgt" hat und der Rest ein großes Chaos ist (ich habe bspw. nicht eine praktische Fahrstunde gehabt, lt meiner Akte) und selbst, wenn Dokumente da sind, wird deren Echtheit angezweifelt, weil die Fahrschule und auch die Prüfer Dokumente und Gutachten gefälscht haben.
Gruß Jess

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Re: Entzug der Fahrerlaubnis wg. Betrugsfällen in der Fahrsc

Beitrag von Jess » Di 13. Nov 2007, 01:17

[Die Frage die sich aufdrängt ist, ob aufgrund eines Generalverdachts gegen alle Fahrschüler einer Fahrschule die Eignung in Frage gestellt werden kann und zweitens inwieweit gegen das entsprechende Gutachten vorgegangen werden kann, dass nuneinmal im Raume steht....

Ich aus meiner Sicht finde dieses Vorgehen zumindest fragwürdig...

Ergänzung:
Ja, es wird der Generalverdacht ausgesprochen. Inzwischen handelt es sich wohl um mehrere tausend frühere Fahrschüler aus 2001 - 2006, die zu einer erneuten Prüfung aufgefordert werden.
Jess

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Beitrag von 125Chaos » Di 13. Nov 2007, 02:53

Ganz konkret mit den Berliner Vorfällen beschäftigt sich das Berliner Anwaltsblatt in der http://berliner-anwaltsverein.de/cms/Do ... AB0707.pdf

Ausgabe 07/08 2007 auf Seite 271.
Dort werden auch einige Entscheidungen des Berliner Verwaltungsgerichts und die Praxis der Berliner Behörden beschrieben.

Man hat den Eindruck, dass die Behörde erst einmal flächendeckend Überprüfungsanordnungen verschickt und bei Widerstand der Betroffenen dann wieder zurücknimmt, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für eine Beteiligung der Betroffenen an den Manipulationen vorliegen.

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