ortskundeprüfung, wie lange gültig

Hier geht es um Themen, die das Verwaltungsrecht mit dem Fahrerlaubnisrecht kombinieren
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matchbox
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Beitrag von matchbox » Do 7. Okt 2004, 07:34

Hinsichtlich der Rechtsprechung kann ich Euch helfen. Die Gültigkeit von 10 Jahren resultiert aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 16.01.2001 (M 6b S 00.5650), anlässlich einer Entziehung der Fahrerlaubnis wegen nicht abgelegter Ortskundeprüfung.
Hier führt das Gericht aus, dass es dahingestellt bleiben kann ob jemand vor mehr als 10 Jahren eine Ortskundeprüfung erfolgreich abgelegt hat. Sinn und Zweck einer Anforderung eines Nachweises der Ortskenntnis ist vor allem der Schutz der sich in das besondere Vertrauensverhältnis zu Taxifahrern begehbenden Fahrgäste vor durch Unkenntnis des Taxifahrers verursachter nicht zielgerichteter und folglich auch kostenungünstiger weil zu teurer Beförderung sowie allgemein die Verkehrssicherheit. Diesen Schutz kann ein mehr als 10 Jahre alter Ortskundenachweis in der Regel nicht mehr gewährleisten, weil zum einen die Straßenführungen in einer Großstadt in 10 Jahren erheblichen Veränderungen unterworfen sind und zum anderen nach dieser Zeit nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass der Fahrerlaubnisbewerber nach wie vor ausreichende Kenntnisse bezüglich der Ortskunde besitzt. Die Vorlage eines Nachweises über eine vor mehr als 10 Jahren mit Erfolg abgelegte Ortskundeprüfung könnte daher vorliegend den Anforderungen des § 48 Abs. 4 Nr. 7 FeV nicht genügen. Anders wäre die Sachlage nur, wenn eindeutig erkennbar wäre, dass jemand seit erfolgreicher Ablegung der Ortskundeprüfung seine Ortskenntnisse ständig in der täglichen Praxis aufgefrischt hätte.

@ Hartmut

§ 48 Abs. 7 Satz 1 verweist lediglich auf die §§ 21, 22 und 24 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 FeV und nicht auf § 20 Abs. 1 FeV, insofern halte ich es für bedenklich hier die Voraussetzungen der Erstteilung zu verlangen. Ebenso geht es im § 24 lediglich um die gesundheitliche Eignung und um die Voraussetzungen der §§ 7 bis 19 FeV .
Im § 48 steht nirgendwo, dass mit dem Ablauf der Gültigkeit der Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung die Ortskunde erlischt.

@ Christian Schulz

Nach § 48 Abs. 9 Satz 2 kann die Fahrerlaubnisbehörde bei Zweifeln an der Ortskenntins einen erneuten Nachweis der Orstkunde verlangen. Natürlich können die Zweifel schon vor dem Ablauf von 10 Jahren auftreteten, aber hier analog § 20 Abs. 2 FeV zu verfahren und zu sagen ich habe automatisch Zweifel an der Ortskenntnis, wenn mehr als zwei Jahre vergangen sind, halte ich für falsch. Hier halte ich den Zeitraum von 10 Jahren für geeigneter.

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wj
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Beitrag von wj » Do 7. Okt 2004, 08:30

Wenn ich die Antwort von matchbox so lese, denke ich, dass zunächst einmal auch die 10 Jahre keine Frist darstellen, sondern nur fallbezogen zu sehen sind. In dem verhandelten Fall war die Ortskundeprüfung halt älter als 10 Jahre. Das Gericht hat nicht gesagt, dass man erst oder spätestens nach 10 Jahren die Ortskunde neu nachweisen muß.
Außerdem komme ich zu dem Schluß, dass ich bereits nach einem wesentlich kürzeren Zeitraum Bedenken anmelden und eine neue Ortskundeprüfung verlangen kann, wenn die Tätigkeit nicht durchgängig nachgewiesen wird. Dabei ist wohl wesentlich, dass eine Ortskundeprüfung eher verlangt werden kann, wenn in der jüngeren Vergangenheit keine Nachweise über die Tätigkeit vorgelegt werden können. Außerdem spielt es eine Rolle ob ich Großstadtverhältnisse mit vielen baulichen Veränderungen oder einen eher ländlichen Bereich habe, in dem kaum eine Straße oder Krankenhaus oder oder verlegt wurde.
Sind die Lücken bereits älteren Datums, müssen weitere Bedenken hinzukommen, um eine Überprüfung zuzulassen.

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Beitrag von matchbox » Do 7. Okt 2004, 09:26

Da in der FeV keine Frist festgelegt ist , dient das zitierte Urteil sicherlich nur als Richtschnur. Es wird immer eine Einzelfallentscheidung bleiben. Liegen Tatsachen vor, die Zweifel an der Ortskenntnis begründen, kann ein Nachweis der Ortskenntnis natürlich früher verlangt werden. Dagegen wenn jemand über 10 Jahre keinen P-Schein hat, aber in dieser Zeit im entsprechenden Gebiet als Kurierfahrer tätig war, wird man ihm die Ortskenntnis nicht absprechen können. Generell halte ich jedoch den Zeitrahmen von 10 Jahren für o.k.

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G.G.
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Beitrag von G.G. » Do 7. Okt 2004, 09:30

matchbox hat geschrieben:Nach § 48 Abs. 9 Satz 2 kann die Fahrerlaubnisbehörde bei Zweifeln an der Ortskenntins einen erneuten Nachweis der Orstkunde verlangen. Natürlich können die Zweifel schon vor dem Ablauf von 10 Jahren auftreteten, aber hier analog § 20 Abs. 2 FeV zu verfahren und zu sagen ich habe automatisch Zweifel an der Ortskenntnis, wenn mehr als zwei Jahre vergangen sind, halte ich für falsch. Hier halte ich den Zeitraum von 10 Jahren für geeigneter.
Natürlich verlange ich den erneuten Ortskenntnisnachweis nicht auf der Basis von § 20 Abs. 2, sondern auf § 48 Abs. 9 FeV. Die Behörde muss nun entscheiden, wann mit einer Verblassung der Kenntnisse zu rechnen ist, die eine erneute Ablegung notwendig macht.

Die Entscheidung des VG München hat doch nur gezeigt, dass nach 10 Jahren nicht mehr mit Kenntnissen zu rechnen ist. Es wurde keine Aussage darüber getroffen, ob das Verblassen auch vorher (und ggf. wann) eintreten kann.

Es verbleibt also bei einer Ermessensentscheidung, wann davon auszugehen ist, dass Fahrerlaubniskenntnisse aller Art verblassen. Und hier halte ich die 2-Jahres-Regelung durchaus für angemessen, weil der Gesetzgeber die 2-Jahresfrist des § 20 Abs. 2 auch mit dem Verblassen der Kenntnisse begründet (selbst wenn der Betroffene vorher Jahrzehnte eine Fahrerlaubnis besaß und 100.000e von Kilometern nachweislich gefahren ist).

Ich sollte vielleicht hinzufügen, dass ich in einer Großstadt arbeite und daher der Umfang der Ortekenntnisse natürlich höher sein muss, als wenn ich in einer Kleinstadt fahre. Es ließe sich sicher auch eine Frist oberhalb der 2 Jahre vertreten, wenn jemand in einem sehr kleinen Gebiet fahren will und wo die Anforderungen an die Ortskenntnisse - größenbedingt - geringer sind. Dies dürfte auch der Grund sein, wieso der Gesetzgeber sich im § 48 Abs. 9 nicht auf einen exakten Zeitraum festgelegt hat, wie dies im § 20 Abs. 2 geschehen ist.
G.G.

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Beitrag von matchbox » Do 7. Okt 2004, 12:15

Klar stützt sich der geforderte Nachweis auf § 48 Abs. 9. Vielleicht habe ich mich hier falsch ausgedrückt, aber die Argumentation hinsichtlich der 2 Jahre geht auf den § 20 Abs. 2 zurück. Sie ist auch vertretbar, jedoch finde ich dass die Anforderungen an die Befähigungsprüfung höher zu bewerten sind als an eine Ortskunde. Die Änderung von Verkehrsregeln erfolgt in einem schnelleren Zyklus als die Änderung des Ortbildes. Außerdem wirkt sich die fehlende Befähigung des Kraftfahrers unmittelbar auf die Verkehrssicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer aus. Im Fall einer fehlenden Ortskenntnis stört dies das Vertrauenverhältnis zwischen Fahrgast und Fahrer, wenn er planlos in der Gegend herum fährt und dann eine erhöhtes Beförderungsgeld verlangt. Aber die Verkehrssicherheit ist nicht so gefährdet, wie wenn jemand die Verkehrsregeln und sein Fahrzeug nicht beherrscht.
Der allgemeinen Lebenserfahrung nach kann man doch nicht davon ausgehen, dass der Betroffene keine Ortskenntnis mehr besitzt, wenn er zwei Jahre mit nicht einem Taxi o.ä. mehr gefahren ist. Deswegen kann er ja mit seinem Privatauto weiterhin durch die Stadt kurven.
Leider gibt es hier keine andere Rechtsprechung und man müsste es mal auf einen Versuch ankommen lassen.

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cheers2
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Beitrag von cheers2 » Do 7. Okt 2004, 12:51

hallo ng,

vielen dank fuer das ausgraben des vg urteils münchen. meine fs-stelle haelt sich wohl an dieses urteil in der praxis und verlangt deshalb erst nach 10 jahren eine erneute ortskundepruefung, wenn der p-schein abgelaufen ist. das ist, was ich bezweckt hatte. Ich kann jetzt auf den p-schein verzichten und erst in 10 jahren neu beantragen ohne eine erneute ortskundepruefung.

ich habe jetzt allerdings noch ein weiteres problem bzgl klasse C1, bzw C1E:
Ich habe ein wohnmobil ueber 3,5 tonnen. Dafuer brauche ich C1.

in der Anlage 4 FeV sind fuer diese klassen „regelmaessige kontrollen“ als auflage eingetragen. Diese lasse ich auch vom diabetologen jedes quartal durchfuehren.

In den begutachtungs leitlinien fuer diabetiker steht folgendes:
„Bei ausgeglichener Stoffwechsellage sind im Umgang mit der Erkrankung informierte Diabetiker, die mit Diät, oralen Antidiabetika oder mit Insulin behandelt werden, in der Lage, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 sicher zu führen.

Wer als Diabetiker mit Insulin behandelt wird, ist in der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden. Ausnahmen setzen außergewöhnliche Umstände voraus, die in einem ausführlichen Gutachten im Einzelnen zu beschreiben sind. Neben regelmäßigen ärztlichen Kontrollen sind Nachbegutachtungen im Abstand von höchstens 2 Jahren erforderlich.“

und weiter unten:
„c) Mit Diät und Insulin, auch mit Insulin und oralen Antidiabetika behandelte Diabetiker:
Diabetiker dieser Gruppe sind vom Grundsatz her hypoglykämiegefährdet. Sie sind deshalb in der
Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2
gerecht zu werden. Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 und auch der Unterklassen C 1, Cl E können sie
jedoch führen, wenn davon auszugehen ist, dass sie auftretende Hypoglykämien und Hyperglykämien
bemerken und erfolgreich behandeln können
. In der Regel setzt dieses Stoffwechselselbstkontrollen
voraus.“

kann ich nun im gutachten eine nachbegutachtung der klassen C1 und C1E mit ausschliessen (gruppe 1 ist schon ausgeschlossen), da diese klassen im prinzip lt leitlinien zur gruppe 1 gezaehlt werden (zumindest bei diabetes), obwohl oben in den leitlinien fuer gruppe 2 alle 2 jahre nachbegutachtungen gefordert werden? Und wenn ja, wie am besten (formulierung)?

vielen dank

michael (cheers)

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Eugen
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Beitrag von Eugen » Fr 27. Feb 2009, 19:38

Habe das Thema hier zufällig entdeckt.

Nun, die Diskussion ist ja schon ein wenig älter, aber
immer noch aktuell. Ich habe vor ein paar Tagen von
einer Niedersächsischen Führerscheinstelle die Auskunft
erhalten, der Ortskundenachweis wäre unbegrenzt gültig.

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