Erteilung FE nach Entzug, MPU aufgrund wiederholter Verstöße

Hier geht es um Themen, die das Verwaltungsrecht mit dem Fahrerlaubnisrecht kombinieren
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autobahn
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Erteilung FE nach Entzug, MPU aufgrund wiederholter Verstöße

Beitrag von autobahn » Do 14. Sep 2006, 20:28

Hallo,

das Fahrerlaubniserlaubnisrecht lässt einen recht schnell an seine Grenzen stoßen. Vielleicht kann hier jemand „abschließend“ zur Erhellung beitragen.

Ausgangssachverhalt:

Fahrlässige Trunkenheitsfahrt (1,45 Promille) im Januar des Jahres 1997. Entsprechender FE-Entzug. Nach Ablauf der Sperrfrist erfolgte ein Antrag auf Wiedererteilung. Die FS-Stelle ordnete daraufhin im März 1998 ein „Gutachten über Ihre Eignung zum Führen von Fahrzeugen an“.

Begründung:

Wiederholt haben Sie gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen und Strafgesetze verstoßen.
- Ordnungswidrigkeit am 05.11.1995
- Ordnungswidrigkeit am 30.11.1996
- o.a. Trunkenheitsfahrt

Die durchgeführte MPU verlief negativ. Der Antrag auf Erteilung der FE wurde durch den Betroffenen zurückgezogen. Bis August 2006 hat der Betroffene keine weiteren Aktivitäten zur Erlangung der FE vorgenommen. Eine Selbstauskunft beim KBA ergab, dass im VZR keine Eintragungen vorliegen.

Im August sprach er bei der FE-Behörde vor, da er beabsichtigt sich nunmehr um eine Neuerteilung der FE entsprechend § 20 FeV zu bemühen. In einem kurzen Gespräch mit einem Sachbearbeiter wurde mitgeteilt, dass die Beibringung eines positiven MPU-Gutachtens erforderlich sei (ein ausführliches Studium der FE-Akte, erfolgte wohl nicht, da der Betroffene ohne vorherige Terminabsprache etc. die Behörde aufsuchte und die FE-Akte erst während des Gesprächs in Augenschein genommen wurde)

M.E. bestehen Bedenken gegen diese Aussage der FE-Behörde. Ich gehe davon aus, dass der Betroffene den Antrag auf Erteilung der FE im Jahre 1998 tatsächlich wirksam zurückgezogen hat, insbesondere da er auch keinen ablehnenden Bescheid auf seinen Antrag erhielt.

Bei einem erneuten Antrag müsste die FE-Behörde i.S. § 11 FeV die Geeignetheit des Antragstellers zu Zeitpunkt der Antragstellung prüfen. Insofern wird sie verwertbare Vortaten berücksichtigen. Hier kommen die im Bescheid der FE-Stelle von 1998 angeführten Taten in Betracht, da der Betroffene nach diesem Zeitpunkt keinerlei weitere Verstöße beging. Unabhängig der „VZR-Nullauskunft“ kann m.E. die Trunkenheitsfahrt verwertet werden. Die Möglichkeit der Verwertung der o.a. Ordnungswidrigkeiten (keine Verstöße gegen § 24a StVG) besteht m.E. jedoch nicht mehr, da die „absolute Tilgungsfrist“ von fünf Jahren überschritten ist. Eignungszweifel im Sinne § 11 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5 (Die FE wurde ja nicht aufgrund Nr. 4 entzogen) können dann wohl nicht geltend gemacht werden. Ebenso vertrete ich die Meinung, dass die damalige Trunkenheitsfahrt 1,45 Promille nicht ausreicht Eignungszweifel im Sinne § 13 FeV geltend zu machen.

Zusammenfassend könnte man davon ausgehen, dass dem Betroffenen, unter der Voraussetzung, dass die anderen erforderlichen Voraussetzungen wie eine erfolgreiche Fahrerlaubnisprüfung vorliegen, die FE ohne MPU erteilt werden könnte.

Meine Fragen:
1. Gehe ich mit meiner geschilderten Sicht der Rechtslage fehl ?
2. Dem Betroffenen ist nicht bekannt, ob das negative MPU-Gutachten aus 1998 der FS-Stelle zur Kenntnis gelangte. Sollte dies der Fall sein – welche Auswirkungen für das Erteilungsverfahren in 2006 ergeben sich (Verwertbarkeit entspr. § 7 Abs. 9 StVG dürfte ja bis zur Tilgung der Trunkenheitsfahrt in 2012 mgl. sein)?
3. Welche Auswirkungen würden sich für das Erteilungsverfahren ergeben, wenn die FE-Behörde den Antrag des Betroffenen im Jahre 1998 negativ beschieden hätte, bzw. diese Position vertritt und damit wohl seine Ungeeignetheit festgestellt hätte (Verwertbarkeit dieser Entscheidung wäre wohl auch bis 2012 gegeben) ?

Vielen Dank im Voraus !

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MorkvomOrk
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Beitrag von MorkvomOrk » Mo 18. Sep 2006, 02:24

zu 1.
Vorausgesetzt, die Schilderung entspricht den Tatsachen, sehe ich die Rechtslage ebenso!

zu 2.
Das neg. mpGA von 1998 kann der FS-stelle nur vorliegen, wenn
a) es der Betroffene selbst vorgelegt hat oder
b) der Betroffene im Zuge der mp Begutachtung schriftlich der Übersendung des GA zugestimmt hat
und dies müßte er eigentlich wissen!?

Sofern der Fahrerlaubnisbehörde das mpGA vorliegt:
Verwertbarkeit gem. § 2 Abs. 9 StVG.

zu 3.
Verwertbarkeit bis 2013 (1998 + 5 Jahre Beginn der Tilgungsfrist + 10 Jahre Tilgungsfrist) vgl. § 29 Abs. 5 S. 1 StVG i. V. m. § 65 Abs. 9 StVG

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Beitrag von autobahn » Mo 18. Sep 2006, 09:30

Vielen Dank für die Antwort Mork vom Ork!

Der dargelegte Sachverhalt liegt im Übrigen genauso, wie durch mich geschildert, vor.

Wenn es gestattet ist würde ich noch etwas „nerven“ ...

Bezüglich des Gutachtens besteht beim Betroffenen keine 100 % Sicherheit ob es Bestandteil der Akte ist. Meiner Meinung nach würde hier Akteneinsicht in die FS-Akte Klärung bringen. Gehe ich mit meiner Annahme richtig, dass sich die Akteneinsicht nach § 29 VwVfG richtet und für die FS-Stelle auch kein Grund gegeben ist, ein solches Ersuchen abzulehnen?

Für den Fall, dass das Gutachten Bestandteil der Akte ist – wird es die FS-Stelle sicher verwerten. Inwiefern liegt hier für die Behörde ein Ermessensspielraum vor, trotz eines damals negativen Gutachtens, doch eine FE zu erteilen. Ist dies aus Sicht der Verwaltungspraxis überhaupt denkbar ?

Grund für das negative Gutachten zum damaligen Zeitpunkt war wohl, dass der Betroffene sich mit den Ordnungswidrigkeiten – zwei VKU mit Sachschaden nur unzureichend auseinandergesetzt hätte. Im Gespräch mit dem Gutachter hatte er sich darauf berufen, dass es sich beiden VKU um „Glätteunfälle“ gehandelt hat – insofern nachvollziehbar, da im November in der betreffenden Region tatsächlich z.T. winterliche Fahrbahnverhältnisse herrschen – da wohl aus Sicht des Gutachters, wie auch tatsächlich, eine winterglatte Fahrbahn nicht alleinige Unfallursache ist, erscheint dies als Grund für das negative Ergebnis zumindest denkbar. Näheres zum Gutachten kann ich leider nicht ausführen, da es dem Betroffenen nicht mehr vorliegt – bei einem Umzug abhanden gekommen.

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Beitrag von MorkvomOrk » Mi 20. Sep 2006, 01:03

Nach deinen ersten Ausführungen ist z. Zt. noch kein Antrag auf Neuerteilung gestellt, sondern der Betroffene hat zunächst nach den Modalitäten des Neuerteilungsverfahrens gefragt.
In diesem Fall besteht kein grundsätzlicher Anspruch auf Akteneinsicht. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß die Behörde eine entsprechende Bitte ablehnt. Der Betroffene sollte einfach mal bei der Behörde nachfragen und einen Termin für die Akteneinsicht vereinbaren.
Sobald ein Neuerteilungsantrag vorliegt, ist der Betroffene "Beteiligter" (vgl. §13 Abs. 1 Ziff. 1 VwVfG). Es besteht dann nach § 29 VwVfG grundsätzlich einen Anspruch auf Akteneinsicht.

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Beitrag von autobahn » Mi 20. Sep 2006, 14:06

Danke - logisch - hätte ich selbst drauf kommen können.

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Beitrag von autobahn » Mi 8. Nov 2006, 17:19

Hallo ein kurzes Feedback - der Betroffene ist nunmehr, nicht zuletzt aufgrund der hier geführten Diskussion Fahrschüler. Zwei Besuche der FS-Stelle waren nötig - die FS-Stelle erachtet eine MPU nicht mehr für erforderlich.

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