Bussgeldverfahren ohne Unterschrift nicht rechtskräftig?!

Hier geht es um Themen, die das Verwaltungsrecht mit dem Fahrerlaubnisrecht kombinieren
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M.Thöle
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Re: Bussgeldverfahren ohne Unterschrift nicht rechtskräftig?

Beitrag von M.Thöle » Mi 27. Aug 2014, 06:34

Hier liegt im Gegensatz der Vermutung des Beschwerdeführers KEIN Privatrecht, sondern öffentliches Recht vor. Das Landratsamt ist keine Firma sondern eine Behörde, der sog. hoheitliche Aufgaben obliegen.

Zur Unterschrift siehe daher § 37 VwVfG:
§ 37 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
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Patrick
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Re: Bussgeldverfahren ohne Unterschrift nicht rechtskräftig?

Beitrag von Patrick » Mi 27. Aug 2014, 11:26

@Herrn Thöle:
Interessant, warum hat dann das Amtsgericht Berlin Mitte festgestellt, dass Schreiben ohne Unterschrift nicht rechtsgültig sind,
und gleichzeitig dazu aus:
Auch ein maschinell gefertigtes Schreiben ist ohne Unterschrift nicht gültig

Gilt vor dem Gesetz etwa nicht die Gleichheit aller Personen.
Sind in der deutschen Rechtssprechung nicht alle gleich, oder manche "gleicher"?


Wieso darf eine Behörde ein Schreiben nicht unterschreiben und es soll trotzdem gültig sein,
macht aber ein Bürger genau das Gleiche, ist dieses Schreiben auf einmal nicht gültig.

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M.Thöle
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Re: Bussgeldverfahren ohne Unterschrift nicht rechtskräftig?

Beitrag von M.Thöle » Mi 27. Aug 2014, 13:05

Es kommt darauf an in welchem Rechtsgebiet Sie sich bewegen und ob es spezialgesetzliche Regelungen gibt, die Vorschriften über die Form bestimmter Rechtsgeschäfte enthalten. Bei manchen Rechtsgeschäften reicht z.B. eine normale Unterschrift aus, bei anderen ist sogar eine notarielle Beglaubigung erforderlich.

Bei Verwaltungsakten, wie in diesem Fall der Bußgeldbescheid ist eben keine Unterschrift erforderlich. Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OwiG) auf dem der Bußgeldbescheid basiert, enthält keine speziellen Vorschriften über die Form, sodass hier das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) die maßgebende Vorschrift ist. Die entsprechende Textpassage habe ich Ihnen zitiert.

Als zusätzliches Beispiel möchte ich noch allgemein Verkehrszeichen anführen. Jedes Verkehrszeichen (z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen) sind Verwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung. Haben Sie schonmal gesehen, dass jemand das Verkehrszeichen unterschrieben hat? Ich nicht. Trotzdem ist es gültig.
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mal k7artext
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Re: Bussgeldverfahren ohne Unterschrift nicht rechtskräftig?

Beitrag von mal k7artext » Mi 27. Aug 2014, 13:36

nun ist die rede aber nicht von verwaltungsakten für die allgemeinheit, sondern von solchen, die jemanden konkretes und eben nicht die allgemeinheit betreffen. mal davon ab, dass die verkehrsschilder nur die "drivers copy" sind. die verwaltungsakte mit denen die dafür zuständige behörde nachweist, dass das verkehrsschild legitim aufgestellt wurde sind, m.w., unterschrieben.

das aber nur nebenbei - fehlende unterschriften fehlen nicht nur auf bussgeldbescheiden sondern auch auf gerichtsbeschlüssen. und das aus gutem grund. die jungs und mädels, die diese zu unterschreiben haben wissen nämlich, dass der sogenannte staat - ohne verfassung und seit gut einem viertel jahrhundert mit einem grundgesetz ohne geltungsbereich - nicht für die folgen ihrer unterschriften aufkommen wird und sie - im falle eines falles - somit privat haften.

essind auch nicht 2-3 nicht unterschriebene beschlüsse sondern ganze aktenschränke!

einen ununterschriebenen bussgeldbescheid nicht zu bezahlen wäre allerdings mit kanonen auf spatzen schiessen. glücklicherweise nicht jedermanns sache. was anderes wäre, wenn von den ~55 mio. privatzulassungsinhabern NIEMAND zahlen würde - in der folge dessen würde vielleicht römisches recht wieder an der juristischen fakultäten eingeführt, eine verfassung vorgestellt und der "bund" aus dem reich entfernt werden. solange sich aber nur die "verkehrsrowdies" vor der zahlung drücken ist eine "revolution" allerdings nicht realisierbar und die dahingehenden gedankengänge sinnlos.
es gibt nur eine sache, die grösser ist, als die liebe zur freiheit - der hass auf die person, die sie dir wegnimmt. (Che Guevara)

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